Soziale Netzwerke, Suchmaschinen und der Online-Handel zeichnen sich auf den ersten Blick dadurch aus, dass hier sehr große Unternehmen den Markt beherrschen. Wie digitale Märkte sinnvoll abzugrenzen sind, inwieweit Regelungen für die analoge Wirtschaft auch für die digitale gelten, mit welchen Problemen eine Marktabgrenzung zu kämpfen hat und mit welchen Instrumenten faire Marktbedingungen herzustellen sind, darüber diskutieren im aktuellen Zeitgespräch der Zeitschrift Wirtschaftsdienst (Journal for Economic Policy) Wettbewerbsexperten, darunter auch Professor Jan Krämer.
Wie lässt sich aber die Marktmacht von Internetkonzernen erfassen? Jan Krämer schreibt: „Gemessen an der Marktkapitalisierung liegt der Unternehmenswert von Internetkonzernen oftmals um ein vielfaches höher als der von etablierten Industrieunternehmen, die physische Güter produzieren. So ist beispielsweise Facebook derzeit (März 2016) mit ca. 240 Mrd. Euro und der Volkswagen-Konzern lediglich mit ca. 62 Mrd. Euro bewertet. Gemessen am realen Umsatz liegen die großen Internetkonzerne jedoch oft hinter den großen Industrieunternehmen zurück. Beispielsweise konnte Facebook 2014 weltweit einen Umsatz von 12,47 Mrd. US-Dollar und der Volkswagen-Konzern einen Umsatz von 268,87 Mrd. US-Dollar erzielen.“
Tatsächlich haben digitale Märkte ganz andere Eigenschaften als analoge: Zwar kann die Schaffung einer digitalen Infrastruktur zunächst einmal sehr teuer sein, zusätzliche Nutzer kosten aber wenig bis nichts – und es gibt kaum Kapazitätsgrenzen für die Bereitstellung eines digitalen Angebots. Zudem gibt es selbstverstärkende Netzwerkeffekte, die zu einer hohen Nachfragekonzentration führen können. Zumindest Internetbasierten Plattformen kann unterstellt werden, dass sie dem Verbraucher mehr Transparenz bringen können. Letztlich muss aber eine technische Infrastruktur in Hinblick auf Anschlusstechnologie und Endgeräte vorhanden sein, über die die Anbieter keine vollständige Kontrolle haben.
Die entscheidenden Fragen für eine ökonomische Beurteilung sind: Führt eine monopolartige Stellung dazu, dass der Konsument überhöhte Preise zahlen muss und verhindern Großkonzerne Innovationen? Auch dies alles ist auf digitalen Märkten ganz anders als auf analogen: Der Konsument zahlt möglicherweise monetär gar nichts sondern allein dadurch, dass er seine Daten zur Verfügung stellt. Und was die Innovationen anbelangt: Eigentlich sollten Internetkonzerne durch Wettbewerbsdruck zu ständigen Innovationen gezwungen werden. Ob dies geschieht, lässt sich jedenfalls nicht anhand von Marktanteilen feststellen, denn die komplexen Markbeziehungen lassen eindeutige Marktabgrenzungen nicht zu.
Die traditionellen Konzepte der Wettbewerbspolitik versagen hier also. Was kann getan werden? Kleine Schritte sind möglich. So sollten Fusionen nicht mehr nur dann kontrolliert oder gar verboten werden, wenn die sich zusammenschließenden Unternehmen einen hohen Umsatz erwirtschaften (der die sogenannte Aufgreifschwelle übersteigt), sondern auch dann, wenn ein bestimmtes Marktpotenzial vorhanden ist, das sich in dem Kaufpreis widerspiegelt. Zudem wäre es sinnvoll den Nutzern zu gestatten, ihre Daten von einem Unternehmen zum anderen mitzunehmen.
Professor Krämer kommentiert in seinem Beitrag vor allem die Herausforderungen, die in der digitalen Wirtschaft bei der Abgrenzung von Märkten und der Feststellung von Marktmacht entstehen.
Der ganze Beitrag kann hier <https://ftdwirtschaftswunder.files.wordpress.com/2016/04/zeitgesprc3a4ch-4-2016.pdf> eingesehen werden und im Blog Wirtschafswunder kommentiert werden <https://neuewirtschaftswunder.de/2016/04/08/wirtschaftsdienst-exklusiv-internetkonzerne-regulieren/>
Die gesamte April-Ausgabe des Wirtschaftsdienst kann über SpringerLink (kostenlos aus dem Universitätsnetz) hier <http://link.springer.com/article/10.1007/s10273-016-1964-6) bezogen werden.
Literaturangabe:
Jan Krämer, Ralf Dewenter, Daniel Zimmer, Iris Henseler-Unger, René Arnold, Christian Hildebrandt, Günter Knieps, Wettbewerbspolitik in der digitalen Wirtschaft, Wirtschaftsdienst, 96(4), 231-248, DOI 10.1007/s10273-016-1964-6